Kein Farbmanagement bei Edius (alle Versionen) im Vorschaufenster

  • Vermutlich bin ich nicht der Einzige, der die Erfahrung gemacht hat, dass man mit Edius (und anderen NLE) nicht mit einem Wide-Gamut-Monitor arbeiten kann,
    ohne dass man ihn um seine wünschenswerten Farbeigenschaften reduziert, indem man einen sRGB-Modus einschaltet (sofern vorhanden) oder umkalibiert/-profiliert.


    Was das bedeutet, will ich mal mit echten Screenshots, d.h. mit einer Fotokamera aufgenommenen Bildern zeigen,
    die links einen reinen sRGB-4K-Monitor, rechts einen WideGamut(>100% AdobeRGB)-Monitor zeigen. Beide Monitore sind mit i1DisplayPro kalibriert und profiliert.
    Zur Veranschaulichung ist hier ein im sRGB-Farbraum entwickeltes Foto, dargestellt von Windows-Paint, das kein Farbmanagement unterstützt:


    Dasselbe Bild, d.h. dieselbe Datei wird von Photoshop, das natürlich die Monitor-Profile ausliest und anwendet, wie folgt dargestellt:

    Wie man gut sehen kann, trotz sehr unterschiedlicher Monitore ein ungefähr gleiches Bild - wie man es eigentlich auch erwarten sollte.


    Wenn man sich jetzt einen Videoclip anschaut, der zur selben Zeit vom selben Objekt aufgenommen worden ist, sieht man Folgendes:


    Es ist unschwer zu erkennen, dass Edius (wie andere NLE, z.B. PP auch) das im System hinterlegte Profil ignoriert und damit die Farben verfälscht ausgibt.
    Das ist sehr schade.
    Ich vermute, Viele machen nicht nur Video- sondern auch Bildbearbeitung auf einem entsprechend ausgelegten Rechner. Man müsste
    entweder ständig (sofern überhaupt möglich) die Monitoreinstellung hin- und herschalten (sRGB, AdobeRGB o.Ä.), oder im sRGB-Modus bleiben und
    bei der Bildbearbeitung auf leuchtende Farben (die der Tintenstrahldrucker auch real ausgeben kann) zu verzichten. Oder einen externen Monitor bzw. Bildausgabegerät benutzen.


    Die Lösung wäre softwaremäßig nicht schwer: Edius müsste (wie es z.B. Photoshop macht) einfach das im System hinterlegte Monitorprofil
    auslesen und in der Vorschaudarstellung anwenden. Keine große Sache, aber eine große Wirkung, weil man auch auf korrekt eingestellten "guten"
    Monitoren Videoschnitt ohne Umkalibrierung machen könnte.


    Vielleicht könnte man das mal nach Japan durchgeben.


    Das Problem haben auch andere, wie man hier sieht: https://forum.grassvalley.com/…9-wide-gamut-srgb-monitor

  • Vermutlich bin ich nicht der Einzige, der die Erfahrung gemacht hat, dass man mit Edius (und anderen NLE) nicht mit einem Wide-Gamut-Monitor arbeiten kann,
    ohne dass man ihn um seine wünschenswerten Farbeigenschaften reduziert, indem man einen sRGB-Modus einschaltet (sofern vorhanden) oder umkalibiert/-profiliert.

    Das ist m.E. so nicht ganz richtig.



    Für HD-Videos ist halt der Farbraum Bt. 709 (Rec.709) maßgebend und Edius und andere NLEs geben deshalb folgerichtig auch diesen Farbraum aus.
    Hierbei liegt BT. 709 von seiner Definition her eher beim sRGB. Also nutz Dir der erweiterte AdobeRGB-Farbraum bei der Bearbeitung von HD-Videos eigentlich herzlich wenig. Und daher ist eine Konvertierung eingelesener Quellinhalte, wie sie PS bei Abweichungen anbietet und Du sie einforderst, eigentlich unsinnig, denn dies würde das Ergebnis nur verfälschen.


    Es muss also tatsächlich der Monitor auf den zu verwendenden Farbraum umgestellt werden, also bei HD auf BT. 709. Edius kann diese Zuweisungen (auch für BT. 601 und BT. 2020) bei bestimmten Monitoren vornehmen (Systemsteuerung > Hardware > Monitor-Steuerung). Dies sind aber alles hardwarekalibrierte Modelle, die entsprechende entsprechende Emulationen von Farbräumen bieten. Bei den anderen Geräten, die nicht aufgeführt sind, muss dies dann halt leider manuell vorgenommen werden. Aber es sollte eben möglichst BT. 709 sein.



    sRGB kann eigentlich jeder Monitor und bietet auch eine entsprechende Einstellung an, denn dies ist der Standard-Farbraum. Bei hardwarekalibrierten Monitoren mit z.B. DCI-P3-Farbraum müsste man sehen, was dieser anbietet, oder ob man im Kalibrierungsprogramm eine entsprechende Emulation nach Rec. 709 vornehmen kann.





    Bei mir ist das derzeit folgendermaßen gelöst -


    Meinen Monitor 1 (Eizo CG277) habe ich generell als AdobeRGB laufen, da ich hier auch die Bildbearbeitung mit PS mache.


    Unter Edius könnte ich diesen zwar manuell auf Rec. 709 umstellen, mach das aber eher selten, da die Vollbildvorschau über HDMI der GraKa auf einem TV-Gerät (Monitor 3) ausgegeben wird. Das hierbei Player/Recorder (auf Monitor 1) einen etwas abweichenden Eindruck ausgeben stört mich nicht, da ich mich nach dem TV-Gerät richte.
    Für Monitor 3 (TV) ist in den Einstellungen der GraKa Farbformat YCbCR444 mit 50 Hz gewählt, und auch der HDMI-Eingang des Gerätes ist entsprechend geschaltet. Das ergibt eine brauchbare Vorschau.



    Gruß
    Peter

    ASUS Prime X299-A II, i9-10980XE, 64 GB, Nvidia RTX 2080Ti, BMD UltraStudio 4K Mini, RME Fireface 400, Win 11 Pro , EDIUS 11 WG

    Steinberg Cubase Pro, WaveLab Pro, SpectraLayers Pro

  • Vielen Dank für Deine Ausführungen. Aber vermutlich habe ich mich noch nicht klar genug ausgedrückt.

    Hierbei liegt BT. 709 von seiner Definition her eher beim sRGB. Also nutz Dir der erweiterte AdobeRGB-Farbraum bei der Bearbeitung von HD-Videos eigentlich herzlich wenig. Und daher ist eine Konvertierung eingelesener Quellinhalte, wie sie PS bei Abweichungen anbietet und Du sie einforderst, eigentlich unsinnig, denn dies würde das Ergebnis nur verfälschen.

    Das kann so nicht stimmen, denn Edius könnte mit der Berücksichtigung des Profils genau das leisten, was Photoshop im Vergleich zu Paint leistet.
    Eigentlich sieht man das sehr gut anhand der Fotos. Ich versuche das mal an einem Beispiel:


    Paint sieht in einer sRGB-Datei einen (8-Bit)-Rotwert von z.B. 200, und gibt ihn unverändert an den Monitor weiter. Ist der Monitor auf sRGB eingestellt, passt das.
    Hat man einen Wide-Gamut-Monitor, wird die dargestellte Farbsättigung zu groß. Das ist das, was Paint ausgibt.
    Photoshop kennt hingegen den größeren Farbraum des Monitors, und "übersetzt" den Rotwert von 200 aus der sRGB-Datei intern in z.B. 140, die an den Monitor
    geschickt werden. Dadurch ist die dargestellte Farbe auch auf einem Wide-Gamut-Monitor korrekt. Deshalb sehen die
    Fotos auf dem zweiten Bild auch nahezu gleich aus.
    Solange der Farbraum des Ausgabegeräts größer ist als der des Quellfarbraums, kann man immer durch Anwendung des Ausgabeprofils (hier der Monitor) eine
    im Prinzip korrekte Farbausgabe garantieren [1].


    Bei Edius ist es genauso.
    Edius sieht jetzt einen bestimmten Rotwert (z.B. 200) in einem Clip mit Rec.709-Farbraum und zeigt ihn ebenso unverändert, wie Paint das sRGB-Bild, auf jedem Monitor.
    Wie Du richtig schreibst, müsste jetzt der Monitor eigentlich auf Rec.709 eingestellt sein, damit die angezeigte Farbsättigung korrekt ist.
    Wenn er das nicht ist, sondern im Wide-Gamut-Modus verblieben ist, wird das Bild bzw. die Vorschau zu bunt dargestellt. Das Foto 3 zeigt
    das deutlich. An dieser Stelle sieht man also die Verfälschung der Farben durch die Nichtberücksichtigung des Monitorprofils.
    Es müsste nur die aus dem Profil hervorgehende Transformation angewandt werden, die für das Vorschaufenster aus dem Rotwert 200 z.B. 139 machen (stimmt schon,
    Rec.709 und sRGB sind sehr ähnlich), damit die Farbsättigung korrekt dargestellt wird. Und selbstverständlich profitiere ich davon, genauso wie davon,
    das ich bei der Bearbeitung von Fotos nicht ständig den Monitor in den Fotofarbraum schalten muss.
    Im Übrigen würde man auch bei einem kleineren als sRGB oder Rec.709-Farbraum des Monitors immer noch eine korrekte Darstellung haben, solange die
    Farben des Fotos/Clips nicht im Differenzfarbraum zwischen sRGB/Rec.709 und dem Monitorfarbraum liegen. In einem solchen Fall würde der
    sRGB/Rec.709-Rotwert von z.B. 200 in eine größere Zahl transformiert werden, z.B. 215.


    Literatur
    [1] Jan-Peter Homann, "Digitales Colormanagement", Springer-Verlag, Berlin

  • Nun, hier liegt eben der Unterschied zwischen einer Bildbearbeitung, bei der auch sehr unterschiedliche Zielvorgaben bestehen und der Videobearbeitung mit feststehender Zielvorgabe, bei der zudem die Ausgabe (Vorschau) traditionsgemäß auch noch auf einem passenden Wiedergabegerät erfolgt. Wie Du ja selbst schreibst betrifft dies ja eben auch alle andern NLEs. Edius kann hier halt zumindest bei den gelisteten Monitoren von Eizo und Canon diese Umschaltung am Gerät vornehmen.


    Allerdings wird nach meinem Wissensstand z.B. für die Ausgabe für den Offsetdruck im Profibereich der Monitor dann auch tatsächlich entsprechend kalibriert und sich nicht auf das Adobe Farbmanagement verlassen. Doch das nur nebenbei.

    ASUS Prime X299-A II, i9-10980XE, 64 GB, Nvidia RTX 2080Ti, BMD UltraStudio 4K Mini, RME Fireface 400, Win 11 Pro , EDIUS 11 WG

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  • Naja. Der Ausgabefarbraum, ob es nur einer sein soll (z.B. Rec.709) oder viele (die ganzen icc-Profile der Papierhersteller) ist an diesem Punkt der Kette
    irrelevant. Hier zählt erst einmal nur die Ausgabe ("Vorschau") auf dem Monitor, und die betrifft Bild- und Videoverarbeitung mit ihren
    jeweils sauber definierten Farbräumen gleichermaßen.
    Auf jedem Ausgabemedium, egal welches, Monitor, Drucker, was auch immer, ist der zugehörige Farbraum bzw. dessen
    Profil zu brücksichtigen. Wenn dies nicht stattfindet (so wie z.B. bei Windows Paint, Edius, PP), kann man auf diesen Systemen
    keine Farbkorrekturen und -einschätzungen vornehmen.
    Das betrifft u.a. auch immer mehr Notebooks mit Wide-Gamut-Darstellung, die nicht umschaltbar sind auf kleinere Farbräume.
    Letztlich liegt es natürlich an der Herkunft der Software, also aus dem Broadcasting-Bereich, wo man tatsächlich die passenden
    Ausgabemonitore hat. Aber "weil wir das schon immer so gemacht haben" ist keine gute Ausrede, die Berücksichtigung von
    Monitorprofilen nicht in die NLEs einzubauen, zumal es softwaremäßig eine Kleinigkeit wäre. Dann wären die beiden Teilbilder von dem
    dritten Bild meines ersten Posts genauso gleich, wie sie es beim zweiten Bild sind.
    Und ferner hätte Edius ein Alleinstellungsmerkmal, das durchaus werbeträchtig einsetzbar wäre. Ich erinnere nur daran, wie lange
    es gedauert hat, bis PremierePro endlich Quicksync am laufen hatte.

  • Grundsätzlich gebe ich Dir ja Recht.
    Und der Hinweis auf die Herkunft Broadcast war auch nur als Erklärung gedacht und nicht als Rechtfertigung da nie was zu ändern.


    Aber dies ist halt auch der Kundenbereich, der den Herstellern solcher NLEs wichtig ist. Würden diese eine solche Forderung stellen, wäre da sicherlich eher mit einer Umsetzung zu rechnen.
    Nur bezweifle ich, dass dort so großes Interesse besteht, da dort eben eine andere Ausstattung vorherrscht. Für den Arbeitsbereich - also TL und Bedienelemente - ist da kein Farbmanagement nötig, weil eben die Vorschau auf separaten Geräten läuft.
    Und insoweit würde ich eben eher daran zweifeln, dass Überlegungen zu einem Farbmanagement wie bei PS bei den NLE-Herstellern eine große Rolle spielen.


    Dass GV und andere Hersteller schnell reagieren (können), wenn ein entsprechendes Kundeninteresse besteht, zeigt für mich das Thema HDR. Die Möglichkeiten hierzu wurden in Edius und einigen anderen Programmen doch sehr schnell umgesetzt, obwohl es im TV-Bereich noch keine große Rolle spielt.
    Aber auch hier läuft dies halt in den großen Filmstudios im Rahmen einer Wiedergabekette auf entsprechenden Geräten, die zumindest derzeit für "Normalverbraucher" unerschwinglich sind. Der Wunsch nach einem Farbmanagement, wie es Dir vorschwebt, dürfte da also auch eher nicht bestehen.



    Also nochmal zur Klarstellung, was Du Dir wünschst würde schon einen gewissen Sinn machen. Nur glaube ich nicht, dass es dafür genügend Interessenten gibt, um dies bei den NLE-Herstellern irgendeine Priorität einzuräumen.

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  • Ich denke schon, dass ein Anzeige-Farbmanagement wichtig ist, weil ansonsten nur bei einem Rec.709 (o.Ä.) Ausgabegerät in der Vorschau eine
    Bearbeitung von Farbkorrekturen wie Sättigung, Tönungen etc.) möglich ist.
    Damit sind z.B. alle Wide-Gamut-Notebooks raus. Und jeder, der seinen Wide-Gamut-Monitor nicht umkalibrieren will oder kann.
    Wie auch immer, ich habe mich mal auf den neuesten Stand gebracht. Danach sieht es eher so aus, als ob Edius als einziger Big-Player ein Anzeige-Management nicht beherrscht.

    Insofern habe ich auch Premiere Pro Unrecht getan. Der entsprechende Haken in den Voreinstellungen ist nicht default aktiviert, weil ebenfalls
    von einem Rec.709-Workflow (auch in der Vorschau) ausgegangen wird. Wenn das nicht der Fall ist, man hat z.B. einen Wide-Gamut-Monitor,
    (wie mein rechter Monitor in den Fotos), muss man nur den Haken aktivieren, und das Profil wird ohne Neustart direkt angewendet und
    die Vorschau korrekt ausgegeben. Hab's ausprobiert:


    Insofern möchte man noch dringender an Japan mal weiterleiten, bitte diese Kleinigkeit, was es softwaremäßig nur ist, einzubauen. Vielleicht liest das hier ja jemand von der Firma.